- Sklaverei: Geißel der Menschheit
- Sklaverei: Geißel der MenschheitEin Sklave gehörte zur beweglichen Habe seines Besitzers. Er war »etwas«, dessen Person, Familie, Leben, Arbeit und Fähigkeiten sich im unbeschränkten Besitz eines anderen befanden, erworben durch Gefangennahme oder Kauf.In der Geschichte gab und gibt es viele Formen von Abhängigkeit. In der Sklaverei als Extremfall war ein Mensch auf Gedeih und Verderb anderen ausgeliefert. Zum Verlust der Freiheit kam meist der Verlust der Heimat, die Abschiebung in eine fremde Welt. In der Weltgeschichte spielte die Sklaverei besonders im griechisch-römischen Altertum und von der frühen Neuzeit bis ins 19. Jahrhundert eine herausragende Rolle. Aber auch das 20. Jahrhundert kannte und kennt sklavereiähnliche Formen der Abhängigkeit, etwa die Zwangsarbeit oder bestimmte Formen der Kinderarbeit und der Prostitution. Trotz der Ächtung der Sklaverei in der Menschenrechtskonvention der Vereinten Nationen 1948 ist sie bis heute nicht vollständig verschwunden.Die griechisch-römische AntikeHistoriker und Philosophen der Antike haben die Sklaverei als eine rechtmäßige Einrichtung betrachtet. Zwar gab es Stimmen unter den Sophisten, die sie für ungerecht und naturwidrig hielten. Doch ist das Urteil des großen Philosophen Aristoteles maßgebend, der in seinem Werk »Politik« schrieb: »Von Natur aus sind Barbar und Sklave dasselbe.« Damit sei jeder Krieg gegen die Barbaren gerecht, »welche durch die Natur zum Regiertwerden bestimmt sind«. Ursachen für die antike Sklaverei waren besonders die Kriegsgefangenschaft, Menschenraub, vor allem durch Piraterie, Verschuldung, unfreie Geburt und Kindesaussetzung. In der frühen Zeit traf das Los der Versklavung vor allem Frauen; männliche Besiegte wurden aus Sicherheitsgründen meist getötet.Hohe Bedeutung hatte die Sklaverei im demokratischen Athen, das unter Perikles seine klassische Blüte erreichte. Wahrscheinlich lebten vor dem Peleponnesischen Krieg (431—404 v. Chr.) in Attika etwa 250000 bis 300000 Menschen. Davon waren etwa 80000 Sklaven und 25000 Metöken, das sind ortsansässige Fremde ohne Bürgerrechte. Politische Rechte besaßen nur etwa 30000 bis 50000 Männer. Ganz Griechenland, ohne Kreta, Epirus und Makedonien, zählte damals 2,25 Millionen Einwohner, von denen etwa 850000 Sklaven waren.In Attika dominierten die Kleinbauern, die kaum Sklaven hielten. Von der Seeherrschaft Athens profitierten am meisten Handwerk und Handel in der Stadt Athen und im Hafen Piräus. Die Rüstung, vor allem die Flotte, gab Arbeit. Die Marmorbrüche lieferten Material für die Großbauten. Die Silberminen beschäftigten bis zu 20000 Arbeiter. An den öffentlichen Bauten arbeiteten neben Freien auch Sklaven und Metöken. Neureiche, als »Geldprotzproletarier« verrufen, verliehen Sklaven. Die Tüchtigen und Gebildeten unter den Sklaven stiegen im Handel auf. Mancher von ihnen wurde selbstständig und teilte seinen Ertrag mit seinem Besitzer. Los und soziale Stellung hingen sehr vom Charakter des Herrn ab. Dieser gewann durch die Arbeit seiner Sklaven das Maß an Zeit, das er für die Ausübung der Demokratie, für die politische Teilhabe, benötigte.Die bäuerlichen Anfänge Roms kannten Sklaverei nur in geringem Umfang: Zum einen gab es — wie in Griechenland — die Schuldknechtschaft, zum anderen die Versklavung italischer Kriegsgefangener, die im Haus oder auf dem Feld arbeiteten. Die Sklaven standen durchgängig außerhalb des römischen Bürgerverbandes, ihre Rechtsstellung und Behandlung indes veränderten sich mit der wirtschaftlichen Bedeutung der Sklaverei. Als das Zwölftafelgesetz entstand (um 450 v. Chr.), war die privatrechtliche Gleichsetzung eines Sklaven mit einer Sache (res) noch nicht vollzogen, wie sie aus der lex Aquilia des Jahres 286 v. Chr. erstmals hervorgeht.Die Ausweitung der Kriege seit Mitte des 4. vorchristlichen Jahrhunderts brachte immer mehr Kriegsgefangene auf die Sklavenmärkte. Seit dem 2. Punischen Krieg (218—202 v. Chr.) wurde die Massenversklavung besiegter Heere und Städte üblich. Die Zahl der Sklaven eines römischen Hauses wurde zum Statussymbol. Ohne Sklaven zu leben galt als Ausweis äußerster Armut. Sklavenarbeit war vor allem ein billiges Produktionsmittel der Großgüter, die Wein, Öl, Weizen und Gemüse erzeugten oder riesige Herden nutzten.Menschen verschiedenster Herkunft und Bildung wurden in die Sklaverei geführt. Neben als »Massenware« gehandelten Spaniern, Galliern, Germanen und Nordafrikanern gab es ihren Herren kulturell überlegene Griechen, Syrer und Kleinasiaten. Es waren qualifizierte Handwerker, Techniker, Kaufleute, Lehrer und Gelehrte.Sklavenrevolten, wie sie etwa in den Sklavenkriegen Siziliens (136—132 und 104—101 v. Chr.) zum Ausdruck kamen, wurden immer wieder niedergeworfen. Auch dem Aufstand unter Führung des Thrakers Spartacus (73—71 v. Chr.), der einer Gladiatorenschule in Capua entfloh und ein Heer von zeitweilig 40000 Mann zusammenbrachte, blieb der Erfolg verwehrt.Die Freilassung (manumissio) war aufgrund des unbeschränkten Herrenrechts des pater familias ein privatrechtliches Geschäft. Der Freigelassene wurde rechtsfähig und römischer Bürger, blieb aber privatrechtlich von seinem ehemaligen Herrn abhängig und in der ersten Generation von politischen Ämtern weitgehend ausgeschlossen.Spätantike und MittelalterIn der Spätantike änderte sich die Wirtschaftsordnung. Die Sklaverei verschwand nicht völlig, doch überwogen nun andere Formen der Abhängigkeit, etwa das Kolonat. Seit dem 4. Jahrhundert wurden die Kolonen, die kleinen Pächter auf den privaten und kaiserlichen Domänen, meist erblich an die Scholle gebunden sowie zu Abgaben und Fronden verpflichtet. Es entwickelten sich vielfältige, im Vergleich zur Sklaverei minder schwere Formen abgestufter Unfreiheit wie Hörigkeit, Erbuntertänigkeit und Leibeigenschaft, sodass im Frühmittelalter, auch bedingt durch kollektive Freilassungen, die Sklaverei zurückging.Wie die römischen Gesetzessammlungen enthielten auch die germanischen Volksrechte zahlreiche Bestimmungen über Sklaven. Große Sklavenmärkte waren in Mainz, Verdun und Rouen, auf denen vor allem Kriegsgefangene gehandelt wurden, als »Nachschub« für die Haussklaverei. Ursachen ländlicher Sklaverei waren zumeist Erblichkeit und die Selbstversklavung freier Bauern. Kirchliche Grundherrschaften wurden bevorzugt von Sklaven bewirtschaftet. Die Kirche hat, da auch die Bibel — das Alte wie das Neue Testament — die Sklaverei als vorgegebene weltlich-rechtliche Einrichtung anerkennt, im Altertum und Mittelalter die Sklaverei hingenommen und nicht verurteilt. Sie versuchte jedoch, diese zu mildern.Auch im islamischen Bereich gab es seit alters Sklaven. Vielfach waren sie Kriegsgefangene. Seit dem 8. Jahrhundert wurden Sklaven aus Westeuropa, den slawischen Ländern und aus Mittelasien gehandelt. Die Vorschriften des Korans hielten zur Menschlichkeit an. Sklaven durften heiraten; ihre Kinder wuchsen mit den freien Kindern im Hause auf. Frauen waren oft die Konkubinen ihrer Besitzer. Freilassung galt als religiös verdienstvoll. Seit dem 9. Jahrhundert wurden im arabischen Raum islamisierte und dann freigelassene Sklaven, die Mamelucken, zum Kriegsdienst herangezogen, desgleichen später auch im Osmanischen Reich: Dort gewann der Sultan durch die »Knabenlese« bei den unterworfenen Balkanvölkern den Nachwuchs für seine — wohl 1362/63 gegründete — Elitetruppe der Janitscharen. Den zwangsweise ausgehobenen, streng islamisch erzogenen jungen Männern standen auch Verwaltungsämter offen.Seit dem 10. Jahrhundert nahm die Sklaverei in den christlichen Ländern Europas einen erneuten Aufschwung, vor allem im Zuge der Missionierung Osteuropas; der Handel mit nichtchristlichen West- und Ostslawen blühte. In dieser Zeit trat das Wort sclavus, das ursprünglich den Slawen gemeint hatte, in den lateinischen Quellen in neuer Bedeutung auf. Es ersetzte die antiken Bezeichnungen servus und ancilla (Sklave und Sklavin). In byzantinischen Quellen ist die griechische Form sklábos seit 1061 belegt.Die Wikinger transportierten neben anderen Gütern bevorzugt Sklaven auf der ostwestlichen Handelsroute von Nowgorod bis zur Rheinmündung. Hauptabsatzgebiet war das Kalifat von Córdoba. Doch auch nach Skandinavien gelangten versklavte Gefangene in großer Zahl. Im Spätmittelalter verschwand die Sklaverei im Norden allmählich. Nachrichten über zahlreiche Freilassungen bezeugen diese Entwicklung.Den Fürsten von Kiew brachte der Sklavenhandel mit Konstantinopel reiche Einkünfte. Beschäftigt waren im Byzantinischen Reich Sklaven vor allem am Kaiserhof samt Werkstätten und Domänen, ferner im Luxusgewerbe. Im Kampf zwischen den christlichen Staaten und dem Islam wurden auf beiden Seiten Kriegsgefangene versklavt, und besonders in den Hafenstädten des Mittelmeeres blühte ein ertragreicher Sklavenhandel.Im Spätmittelalter gab es zwar weiterhin Sklaven im christlichen Europa, doch ließen die recht hohen Preise für Beschaffung und Transport aus dem Ausland ihre Zahl sehr stark zurückgehen. In der städtischen Gesellschaft, an Königs- und Fürstenhöfen diente der Besitz von jungen und farbigen Sklaven als Statussymbol. So waren diese auch beliebte diplomatische Geschenke.Das Vordringen der Portugiesen längs der afrikanischen Küsten seit 1415 diente der Erkundung eines Seeweges nach Indien. Auch Kolumbus, der im Dienste der spanischen Krone stand, suchte diesen Seeweg, fand aber mit Westindien 1492 eine »neue Welt«.Die alsbald aufgeworfene Frage, ob die Bewohner der neu entdeckten Länder überhaupt Menschen seien, beantwortete Papst Paul III. 1537 in einer Bulle so: »Es sind wahrhaftige Menschen, fähig, den katholischen Glauben zu gewinnen.« Trotzdem wurden Indianer versklavt. In wenigen Jahren ereignete sich eine Bevölkerungskatastrophe: Vor allem eingeschleppte Krankheiten und die körperliche Überlastung in der ungewohnten Zwangsarbeit rafften die Indianer dahin. — Es sei noch angemerkt, dass die Sklavenhaltung in den vorkolumbischen indianischen Hochkulturen vor allem Mittelamerikas — so bei den Maya und Azteken — ebenfalls verbreitet war. Sklaven durften dort aber nicht getötet und meist auch nicht gegen ihren Willen verkauft werden.Der spanische Missionar Bartolomé de las Casas setzte sich energisch für die Indianer ein und erwirkte beim spanischen König eine Schutzgesetzgebung. Die »Neuen Gesetze« von 1542 bekräftigten das 1512 erstmals ausgesprochene Verbot der Indianersklaverei und stellten Spanier und Indianer formal gleich. Las Casas empfahl die Einfuhr schwarzer Sklaven nach Amerika, verurteilte später jedoch auch deren Versklavung. 1519 vergab Karl V. den ersten Asiento de negros, eine Sklavenhandelslizenz. Da die Spanier in Afrika keine Niederlassungen besaßen, waren sie auf Lieferung durch Sklavenhändler angewiesen. Erste Partner waren die Portugiesen. 1526 gelangten die ersten schwarzen Sklaven nach Kuba. Im 16. und 17. Jahrhundert erreichten wahrscheinlich 700000 Sklaven die spanischen Gebiete Amerikas. Der seit dem 18. Jahrhundert stark zunehmende Sklavenhandel betraf dann vorwiegend die nichtspanischen Kolonien Amerikas.Afrika, Westindien und der atlantische DreieckshandelIm 18. Jahrhundert hatte sich zwischen Europa, Afrika und Amerika der Handel mit Sklaven und Kolonialwaren voll ausgebildet. Dabei war Afrika zwischen Sierra Leone und Angola das Herkunftsgebiet der Sklaven. Die Sklavenschiffe stammten vor allem aus England, Frankreich, den Niederlanden und Portugal. In geringerem Maße beteiligten sich darüber hinaus auch Spanien, Schweden, Dänemark sowie kurzzeitig Brandenburg und Kurland am Sklavenhandel.Die Schiffe transportierten zunächst gewerbliche Erzeugnisse Europas wie Metallwaren und Waffen zu den Stützpunkten der Kolonialmächte an der Westküste Afrikas, die dort gegen Sklaven eingetauscht wurden. Den Handel zwischen den Herkunftsgebieten der Sklaven und den Märkten an der Küste hatten einheimische Händler inne, die ihre Interessen eifersüchtig wahrten. Die Sklaven wurden nach Amerika transportiert und dort verkauft, die Schiffe nun mit den Erzeugnissen aus den Sklavenkolonien beladen und nach Europa zurückgeschickt.Drehscheibe dieses »Dreieckshandels« vom späten 17. bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts war die Karibik, die Inselwelt Westindiens, deren tropische Sklavenkolonien mit ihren Großplantagen bei den seefahrenden Mächten Westeuropas heiß begehrt waren. Von hier aus gelangten Zucker, Kaffee, Baumwolle, Kakao, Reis, Indigo und Tabak nach Europa. Von hier aus wurden aber auch große Mengen afrikanischer Sklaven nach Nordamerika weiterverhandelt, wo der relativ humane französische Code noir und der härtere britische Slave Code das System der Sklaverei regelten. Neben dem regulären Sklavenhandel — das spanische Sklavenhandelsprivileg war 1703 an Frankreich, 1713 an Großbritannien gefallen — blühte der Schmuggel, trieben aber auch Piraten ihr Unwesen.Erfolgreicher Sklavenaufstand in HaitiDr einzige erfolgreiche Sklavenaufstand, der zur Gründung eines unabhängigen Staates führte, fand im französischen Westteil der Insel Hispaniola statt. Die Auswirkungen auf den ganzen Kontinent waren gewaltig. Die Sklavenhalter fürchteten die Nachahmung.Ausgelöst wurde der Aufstand durch die Ideen der Französischen Revolution. Haiti war das Herzstück des französischen Kolonialreiches. Reiche Weiße (grands blancs) und ärmere Weiße standen an der Spitze der Gesellschaftspyramide. Sofern sie bereits im Lande geboren waren, wurden sie Kreolen genannt. Als Zwischenschicht folgten die wohlhabenden, meist schon freien Mischlinge, die Mulatten. Darunter kamen die ärmeren Mulatten als Haussklaven der Weißen. Die Basis dieser sozialen Pyramide bildeten die schwarzen Feldsklaven auf den Plantagen.1791 erhoben sich die Sklaven unter ihrem Führer François Dominique Toussaint Louverture. Dieser erreichte nach der Abschaffung der Sklaverei durch den Pariser Jakobinerkonvent 1794 den Autonomiestatus für die Kolonie. 1802 führte Napoleon, dessen erste Frau Joséphine eine Kreolin aus Martinique war, die Sklaverei wieder ein, und der Aufstand brach erneut aus. Als die Kolonie 1804 als Haiti ihre Unabhängigkeit erlangte, war sie wirtschaftlich völlig erschöpft. Heinrich von Kleist hat in seiner Novelle »Die Verlobung auf Santo Domingo« den Aufstand dichterisch erhellt.Sklaverei in Brasilien und AngolaDie portugiesische Siedlungskolonisation begann später als die spanische mit lehnsrechtlichen Landschenkungen seit 1534. Anbau und Verarbeitung von Zuckerrohr begünstigten landwirtschaftliche Großbetriebe. Während die spanischen Könige bald nach der Entdeckung Amerikas die Indianersklaverei einschränkten, zeigte sich die portugiesische Monarchie viel nachsichtiger gegenüber den Siedlern in Brasilien, die den wachsenden Bedarf an Sklaven durch organisierte Expeditionen zum Fang der Indianer deckten. Im 17. Jahrhundert taten sich vor allem die von Portugiesen und Indianerinnen abstammenden Bandeirantes von São Paulo als erfolgreiche Sklavenjäger und -händler hervor.Der Kampf gegen die Indianersklaverei ist auch in Brasilien vor allem von der Kirche geführt worden. Besonders die Jesuiten haben sich als Beschützer der Indianer die Feindschaft der Bandeirantes, der Pflanzeraristokratie und der Masse der weißen Einwanderer zugezogen. Die endgültige Beseitigung der Indianersklaverei verfügte ein königlicher Erlass erst 1758.Die Transporte afrikanischer Sklaven nach Brasilien begannen wesentlich später als die ins spanische Amerika. Eine Statistik der Sklaveneinfuhr ist schwierig zu gewinnen, da nach Abschaffung der Sklaverei der Schwarzen 1891 die betreffenden Akten verbrannt wurden. So schwanken die Schätzungen über die Gesamtzahl der verschleppten Afrikaner zwischen 3 und 18 Millionen.Zahlreiche schwarze Sklaven entflohen ihren Besitzern und schlossen sich in den Wäldern zu Gemeinschaften, den Quilombos, zusammen. Meist wurden sie von Polizeitruppen aufgespürt. Nur in Algoas, am Rio Mundaú, bildete sich ein eigener schwarzer Staat, die »República dos Palmares«. Sie bestand 50 Jahre, bis sie 1694 von Bandeirantes aus São Paulo vernichtet wurde.Angola, das an der afrikanischen Gegenküste gelegene portugiesische Gebiet, war für Brasilien für Jahrhunderte der nächtstgelegene Sklavenlieferant. Noch 1825 erbrachten Sklaven 90 Prozent des Ausfuhrwertes des Haupthafens Luanda. Der Ausfuhrzoll für Sklaven lieferte vier Fünftel der Steuereinkünfte der Provinz Angola, ähnliche Zahlen liegen für den Hafen Benguella vor. Als 1836 Portugal offiziell die Sklaverei aufhob, übernahmen die Engländer die Überwachung. Bis heute ist Angola ein recht dünn besiedeltes Land geblieben, trotz Rohstoffreichtums: ein Erbe der Sklavenjagden.Die Abschaffung der SklavereiDie Bewegung gegen die Sklaverei, im Menschenrechtsdenken theoretisch fundiert, setzte in der späten Aufklärungszeit ein. Wirkungsvoll waren besonders die öffentlichen Kampagnen der britischen und nordamerikanischen Abolitionisten, zu denen viele Quäker gehörten. Vor allen ist der britische Parlamentsabgeordnete William Wilberforce zu nennen. Er organisierte die »Gesellschaft zur Abschaffung des Sklavenhandels« und setzte 1807 ein gesetzliches Verbot des Sklavenhandels auf britischen Schiffen durch. 1823 gründete Wilberforce die britische Antisklavereigesellschaft. Er starb einen Monat vor der Verabschiedung des Gesetzes zur Aufhebung der Sklaverei im British Empire 1833.Frankreich schaffte die Sklaverei im Gefolge der Revolution von 1848 endgültig ab. Die aus den spanischen Kolonien hervorgegangenen Staaten Lateinamerikas beendeten die Sklaverei in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Dänemark, das schon 1793 den Sklavenhandel in Dänisch-Westindien untersagt hatte, verbot die Sklaverei ebenfalls 1848. Die niederländischen Kolonien folgten 1863, die spanischen Besitzungen Kuba und Puerto Rico 1870 und 1873. In Brasilien endete die Sklaverei erst kurz vor dem Sturz des Kaiserreiches 1888.In den Vereinigten Staaten, in denen 1790 rund 700000 und 1860 über vier Millionen Sklaven lebten, waren die Probleme derartig schwierig, dass 1861 der Sezessionskrieg ausbrach.Sklavenfrage und Bürgerkrieg in den Vereinigten StaatenDie seit 1607 entstandenen 13 britischen Kolonien in Nordamerika zeigten von Nord nach Süd unterschiedliche Naturräume und Landnutzung. Im Norden herrschte die bäuerliche Landwirtschaft vor, im Süden überwogen aristokratisch strukturierte Plantagen mit dem Anbau von subtropischen Industriepflanzen wie Tabak, Zuckerrohr und Baumwolle. Zunächst arbeiteten für die Farmer weiße Zwangsarbeiter, die nach Ablauf einer bestimmten Frist freikamen. Später wurden als Arbeitskräfte nur noch Sklaven aus Afrika eingesetzt. Kaufleute aus dem Norden (Boston, Rhode Island) und dem Zentrum (New York) beteiligten sich am transatlantischen Sklavenhandel.Nach der Erlangung der Unabhängigkeit und der Verkündung der Menschenrechte ließ die Bundesverfassung von 1787 die Beantwortung der Sklavenfrage in der Schwebe. Die Entscheidung darüber, ob die Sklaverei abzuschaffen oder beizubehalten sei, blieb den einzelnen Staaten überlassen. Wenngleich die Einfuhr von Sklaven seit 1808 verboten war, lief der illegale Sklavenhandel fast ungestört weiter: Die größten Sklavenmärkte befanden sich in New Orleans und Washington. Die Sklaverei erlosch im Zuge weiter fortschreitender Aufklärung und Humanisierung keineswegs von selbst; im Gegenteil: »König Baumwolle« brauchte noch mehr Sklavenarbeit.Bis 1827 hatte der Norden der Vereinigten Staaten die Sklaverei abgeschafft. Dort verstärkt initiierte Aufklärungsfeldzüge forderten, die Sklaverei auch im Süden abzuschaffen und entflohene Sklaven zu unterstützen. In der Publizistik verloren die Verteidiger der Sklaverei allmählich an Boden. Harriet Beecher Stowes Roman »Onkel Toms Hütte«, der die Lebensbedingungen der schwarzen Sklaven anschaulich und zum Teil anklagend schildert, fand weltweite Verbreitung: Schon ein Jahr nach seinem Erscheinen 1852 waren 300000 Exemplare verkauft.Die Wahl des Republikaners Abraham Lincoln führte zum Abfall der Südstaaten und zum Bürgerkrieg. Dieser zwischen den Weißen erbittert geführte Krieg endete mit der bedingungslosen Kapitulation des Südens. Vorrangig zielte der Norden auf die Wiederherstellung der Einheit, bei der die Befreiung der afroamerikanischen Sklaven nur als Mittel zum Zweck diente. Der große Sklavenaufstand fand nicht statt. Staatsbürgerliche Rechte erhielten die Schwarzen erst 1868 und 1870.Zurück nach AfrikaWar der Sklavenhandel eine Art des Seehandels, so setzte auch seine Abschaffung die Kontrolle der Seewege voraus. Diese Aufgabe fiel der für ein Jahrhundert die Meere beherrschenden britischen Flotte zu.Nach dem britischen Verlust Nordamerikas entstand seit 1787 die neue Kronkolonie Sierra Leone. Unter dem Einfluss der Antisklavereibewegung wurden in Freetown, der »freien Stadt«, befreite Sklaven und Nachkommen ehemaliger Sklaven angesiedelt. Sie wurden von der Church Mission Society christlich missioniert und fachlich ausgebildet. Zusammen mit anderen schwarzen Siedlern hatten sie rasch eine Mittelstellung zwischen der Kolonialverwaltung und den Afrikanern im Hinterland, die in Stämmen lebten. Nach 1839 kehrten Sklaven, die noch nicht völlig ihren Stämmen entfremdet waren, zu den Yoruba und Ibo in das spätere Nigeria zurück. Diese Sierra Leoneans spielten eine wichtige Rolle als Wegbereiter christlicher Mission und Schulen.In Freetown wurde ein britisches Geschwader zur Überwachung der Küsten Westafrikas im Kampf gegen Sklavenhandel und -schmuggel stationiert. Ein Gerichtshof der britischen Admiralität entschied über aufgebrachte Sklavenschiffe. Wenn eine Kontrolle drohte, warfen manchmal rücksichtslose Sklavenhändler ihre menschliche Fracht über Bord. 1864 wurde die letzte Anklage gegen ein Sklavenschiff erhoben. Bis dahin waren über 50000 Sklaven vom britischen Geschwader befreit und nach Sierra Leone gebracht worden.Liberia entstand 1821 nach dem Vorbild von Sierra Leone. Dieses »Land der Freien« wurde an seinen Küsten Heimat für 12000 bis 15000 ehemalige Sklaven aus den Südstaaten der USA. Gegen den Widerstand der einheimischen Bevölkerung organisierte die gleichsam koloniale Herrenschicht ihren Staat. Große Aufstände im Inneren wurden 1914 und 1930 niedergeschlagen. 1989 begann ein blutiger Bürgerkrieg, dessen Ursachen zum Teil in die Gründungszeit zurückreichen.Mit der Aufhebung der Sklaverei im französischen Kolonialreich entstand 1848 nach britischem Vorbild Libreville, die heutige Hauptstadt Gabuns.Ostafrika und der arabische SklavenhandelZwischen Ostafrika, der Arabischen Halbinsel und Persien bestanden seit dem Mittelalter Kultur- und Handelsbeziehungen.Der Sultan von Oman verlegte 1828 seinen Sitz nach Sansibar. Auf dieser vor der Küste Ostafrikas gelegenen Insel war 1818 der Gewürznelkenanbau eingeführt worden, der sehr viel Sklavenarbeit erforderte. Sansibar wurde zu einem der größten Sklaven- und Elfenbeinmärkte Afrikas. Die Handelsbeziehungen des Sultans reichten bis weit in das Kongobecken hinein. Auch Gebiete der heutigen Staaten Sambia, Malawi und der Norden von Moçambique gehörten zu den Zielen der Sklavenjäger.1890 wurde Sansibar britisches Protektorat, und der Sklavenhandel wurde schrittweise abgeschafft. Länger währte hingegen der Besitz von Sklaven. An der Küste von Deutsch-Ostafrika kam es wiederholt zu Aufständen der Sklavenhändler.Getarnter SklavenhandelDie fruchtbare spanische Inselkolonie Fernando Póo, heute Bioko, im Golf von Guinea, litt unter dauerndem Mangel an Arbeitskräften für ihre Plantagen. Die einheimischen Bubi wollten dort nicht arbeiten. 1914 schlossen die Spanier deshalb mit der finanzschwachen Regierung von Liberia einen Liefervertrag für Arbeitskräfte. Die Liberianer wurden daraufhin des verdeckten Sklavenhandels bezichtigt.1923 trat Äthiopien dem Völkerbund bei. Dieser verlangte den regelmäßigen Nachweis, dass die äthiopische Regierung tatkräftig gegen die Haussklaverei und den Sklavenhandel vorgehe.Noch bis 1930 wurden aus der Bucht von Tadjoura gegenüber Djibouti in Französisch-Somaliland jährlich mindestens 300 bis 400 Sklaven nach Arabien geschmuggelt. Im Sudan wurde die Sklaverei gegenüber der billigen Arbeit, die Pilger auf dem Weg nach Mekka und Medina anboten, zwar unrentabel, aber noch in den 50er-Jahren wurden Sklaven, als Strafgefangene getarnt, auf Nilschiffen transportiert. In dem seit Jahren währenden Bürgerkrieg zwischen dem Norden und dem Süden des Landes bieten sich auch heute noch Möglichkeiten für Sklavenhändler. Immer wieder wird über Versklavung und Freikauf im Sudan berichtet.Sklaverei in ChinaEin kurzer Blick auf China soll die — notwendigerweise unvollständige — Übersicht über die Sklaverei abschließen. In China wurden Kriegsgefangene besonders häufig in der Frühzeit versklavt. Daneben gab es die Staatssklaverei, die meist auf Gerichtsurteilen beruhte; auch die Angehörigen von verurteilten Verbrechern wurden oft versklavt und in Staatsbetrieben eingesetzt. Privatsklaverei entwickelte sich besonders in Notzeiten, indem Freie sich selbst oder ihre Kinder verkauften. Nach 1911 wurde die Sklaverei offziell abgeschafft, doch kam sie noch bis 1949 vor, meist getarnt durch Lehr-, Arbeits- oder Adoptionsverträge.Zusammenfassend lässt sich erkennen: Versklavung und Ausbeutung gab es in der Geschichte in vielen Formen. Aber nur im griechisch-römischen Altertum und in der tropisch-subtropischen Welt Afrikas und Amerikas vom Beginn der Neuzeit bis ins 19. Jahrhundert war die Sklaverei eine entscheidende Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung.Dr. Karl MauderGrundlegende Informationen finden Sie unter:Sklavenhandel: Menschen als WareBrockmeyer, Norbert: Antike Sklaverei. Darmstadt 21987.The Cambridge history of Africa, herausgegeben von J. D. Fage u. a. Band 3 bis 7. Neudruck Cambridge, Mass., 1992-94.Erkes, Eduard: Das Problem der Sklaverei in China. Berlin-Ost 1952. Nachdruck Berlin-Ost 1954.Finley, Moses I.: Die Sklaverei in der Antike. Geschichte und Probleme. Aus dem Englischen. Taschenbuchausgabe Frankfurt am Main 1987.Fischer-Weltgeschichte, Band 22: Süd- und Mittelamerika, Teil 1: Konetzke, Richard: Die Indianerkulturen Altamerikas und die spanisch-portugiesische Kolonialherrschaft.Frankfurt am Main 1995.Franklin, John Hope: Negro. Die Geschichte der Schwarzen in den USA. Aus dem Englischen. Frankfurt am Main u. a. 1983.Handbuch der Geschichte Lateinamerikas, herausgegeben von Walter L. Bernecker u. a. Band 1 und 2. Stuttgart 1992-94.Klein, Herbert S.: Slavery in the Americas. A comparative study of Virginia and Cuba. Taschenbuchausgabe Chicago, Ill., 1989.Mögenburg, Harm / Rauckes, Heinz-Peter: Sklaverei und Dreieckshandel. Menschen als Ware. Frankfurt am Main 1988.Ransford, Oliver: The slave trade. London 1971.Sklaverei in Afrika. Afrikanische Gesellschaften im Zusammenhang von europäischer und interner Sklaverei und Sklavenhandel, herausgegeben von Helmut Bley u. a. Pfaffenweiler 1991.Treue, Wilhelm: Wirtschaftsgeschichte der Neuzeit, Band 1: 18. und 19. Jahrhundert. Stuttgart 31973.Verlinden, Charles: L'esclavage dans l'Europe médiévale. 2 Teile. Brügge 1955-77.Wirz, Albert: Sklaverei und kapitalistisches Weltsystem. Frankfurt am Main 21984.
Universal-Lexikon. 2012.